Donnerstag 28 März 2024

Schneiden mit Beschnittmarken

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  • Euer Forum scheint ja sehr herzlich und angenehm zu sein. Vielleicht hat ja wer Lust mir folgendes Mysterium zu erklären: Ich arbeite jetzt dann doch schon zehm Jahre zwei- bis dreimal pro Woche mit einem Stapelschneider, habe aber autodidaktisch nie herausgefunden wie man Schnittmarken professionell verwendet beim Schneiden. Irgendwo schneidet man sich dann ja doch immer die Marken weg und kann gar nicht mehr ausschließlich nach den Marken schneiden? Oder?
    Gerade bei Maschinen die nicht 100% akkurat sind (unsere kann maximal 0,2mm) wäre es doch gut wenn man tatsächlich nur mit den Marken schneiden könnte. Und wenn der Balken nicht ganz exakt 90° hat, dann reicht eine Marke zum Schneiden ja auch nicht aus, … Gibts da einen (oder mehrere) Tricks?

  • Hallo!
    Die Frage scheint auf den ersten Blick recht einfach. Man kann aber ein ganzes Buch zum dem Thema Schneidzeichen (oder Schnittzeichen, Beschnittzeichen, Beschnittmarken, etc.) verfassen. Ich habe hier kurz eine Übersucht des allgemeinen Gebrauchs beschrieben. Wenn Du weitere Fragen hast kann man einfach darauf aufbauen. Denn dann schreiben wir am Ende über das Gleiche.
    Das Schneiden nach Schneidmarken wird oft durchgeführt. Hier gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Sichtweisen.
    Schneidmarke für die Schnittposition (einzelner Bogen)
    Betrachtet man einen einzelnen Bogen ist Schneiden immer zweidimensional. Das heißt, es gibt nur Länge und Breite. Der Drucker positioniert das Druckbild auf dem Druckbogen. Der Mann an der Schneidemaschine muss zum Schneiden den Anfang finden. Hierbei rechnet man selten vom Rand des Druckbogens aus. Denn am Ende soll das Druckbild richtig auf dem fertigen Produkt stehen. Das nennt man den „Stand“. Um diesen Anfang des Schneidens zu finden gibt es entweder die Schneidmarken oder ein Angabe zu einem markanten Punkt auf dem Druckbogen. So kann es der Auftrag sein, dass ein Briefbogen links einen Rand von (sagen wir) 15 mm hat. Oder der Schriftzug Oben 20 mm vom Rand entfernt stehen soll. Bei den Buchbindern ist es eigentlich Tradition, dass die obere linke Ecke des fertigen Produktes die Referenz ist. Aber das ist heute nicht immer wichtig.
    Hat man zwei Schnittkanten bestimmt, ist der „Stand“ gegeben. Die anderen zwei Schnittkanten ergeben sich aus dem Format, das sich der Kunde wünscht.
    Wird dann geschnitten dienen die Schnittzeichen bei den ersten beiden Schnitten oft als Referenz und für die letzten beiden (oder weiteren) Schnitten zur visuellen Kontrolle.
    Der Drucker und Buchbinder lernen in ihrer Lehre die Regeln der „Schnittfolge“ kennen. Hierzu gibt es einfache Regeln. Wo liegen auf dem Druckbogen der erste, der zweite oder die weiteren Schnitte.
    Soweit die Theorie. Wird geschnitten ist aber auch die „Anlage“ das heißt die Referenz des Druckers zu beachten. Denn wie der Buchbinder richtet auch der Drucker den Bogen an zwei Seiten aus. Dadurch werden alle Bogen gleich gedruckt und man kann später einen Stapel ordentlich schneiden.
    Schneidmarke für die Ober- Unterschnittkontrolle (Stapel)
    Betrachtet man das Schneiden eines Stapels kommt zur Schneidgutpositionierung (Länge und Breite) auch noch die Vertikale hinzu. Wenn man einen Stapel schneidet versucht man anhand der gerade erzeugten Schnittkante ständig den vertikalen Verlauf des Schnittes zu kontrollieren. Dies wird mit Hilfe der Schneidzeichen oder bei angeschnittenen Bildern auch mit der farbigen Schnittkante durchgeführt. Die anschließende Beurteilung kann extrem komplex sein und die Liste der möglichen Schwierigkeiten ist recht lang.
    Dann noch etwas zur Maschine. Ich persönlich glaube nicht dass es irgendeine 100%ige Maschine gibt. Umso genauer man hinsieht umso größer wird bei Allem der Faktor der Toleranz.
    Bei einer Papierschneidemaschine gibt es zwei Faktoren. Eines sind die Fertigungstoleranzen. Dazu gehört auch die „Positioniergenauigkeit“ des Sattels (hinterer beweglicher Anschlag). Selbst wenn wir annehmen, dass der Anschlag extrem genau stimmt, heißt das noch lange nicht, dass man genau schneidet. Wenn man das Schneidgut genau einen Zentimeter falsch anlegt wird das fertige Produkt um genau einen Zentimeter falsch sein. Ich schreibe das nicht um hier den Besserwisser zu machen. Der Zustand zum Beispiel des Papiers oder des Messers kann am Ende sehr schnell zu 0,2 mm Toleranzen führen. Jeder Bediener eine Schneidemaschine weiß, das falscher Pressdruck schnell viel Kummer bereitet.
    Ich bin gerade dabei eine kleine Bibliothek einzurichten. Da sind jetzt über tausend Bücher eingeräumt. Ich werde aber keines nachmessen! Auch die Visitenkarten die ich kürzlich bekommen habe werde ich nicht kontrollieren. Am Ende zählt in der Regel nicht das genau Maß, sondern der gesamte Eindruck oder das was ich meinem Kunden verkaufen kann.
    Soweit für heute. Was Interessiert Dich näher? Bei weiteren Fragen – fragen!
    Buntpapier