Liebes Forum,
seit meinem letzten Hobby-Buchbindeprojekt (siehe Forumseintrag) habe ich mir Gedanken über ein irres neues Projekt gemacht. Es sollte etwas Großes werden, ein schönes Buch in Leder gebunden und mit Inhalt. Also entweder ein fertiges PDF-Dokument oder eben Text zum selber setzen.
Warnung
Ich will mal vorausschicken, dass das Projekt echt Spass gemacht hat. Von einem professionellen Standpunkt aus gesehen, bekomme ich natürlich ein "mangelhaft", das ist mir vollkommen klar. An einigen Stellen handelt es sich wirklich um eine monströse Scheußlichkeit. Die Ecken z.B. ... merke: nehme für die Ecken das nächste Mal kein Muster eines Autoleders ... aber das hatte ich eben gerade in Orange vorhanden. Wer da Probleme hat, vielleicht besser an dieser Stelle wieder aus dem Thema aussteigen um erhöhten Blutdruck zu vermeiden. ... an alle Anderen: Ich habe euch gewarnt! Und nun viel Spaß beim mitlachen und mitweinen ...
Das Thema
Also ... jetzt ... woher Inhalt nehmen? Bin ein wenig im Internet von hier nach da gesurft, habe mal "open source buch" oder "freie bücher" in die Suche geschmissen. Es hat nicht allzulange gedauert, bis ich beim Projekt Gutenberg gelandet bin.
Bin dort dann wiederum bei Karl May gelandet und dann war auch schon die Idee geboren, seine Reiseerzählungen herunterzuladen und selbst in ein PDF zu setzen. Die Texte sind ja alle gemeinfrei ... falls jemand Interesse am PDF oder an den LaTeX-Quellen hat (und damit etwas anfangen kann) bitte PN an mich.
Da der Plan ja lautet "... Werke in EINEM Band" war ein wenig Optimierungsarbeit nötig. Habe den Text vierspaltig (da sehr dialoglastig) gesetzt. In 3-Punkt-Schrift auf DIN A4 und dann jeweils zwei Seiten auf ein DIN A4 Blatt gedruckt (ergibt das Sinn für euch?). So kam ich dann auf insgesamt 1275 bedruckte Seiten, vorne und hinten ein paar eingefügt und tadaa 1280 Seiten. Das geht super aus mit 40 Sektionen à acht Folios. Den Text kann ich mit großer Mühe noch mit bloßem Auge entziffern. Um dem Auge noch ein bisschen was mitzugeben, sollten noch alle zehn Sektionen ein Block mit Abbildungen der modernen und antiquarischen Covers in Farbe mit ins Buch wandern (da ergab dann an verschiedenen Schritten ziemliche Probleme, weil ich diese Bilder dann auf leere Folios geklebt habe und diese dann ziemlich aufgetragen haben.
Der Buckblock
Hier ein Bild bei dem ich gerade die fünfte Sektion fertig gedruckt habe. Achso, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich ziemlich dünnes Papier (60g/m³) verwendet habe und mein alter Drucker das mit großem Appetit gefressen hat. Musste also buchstäblich jedes Blatt Papier zweimal in den Drucker legen, der Rest soll Schweigen bleiben:
Und hier sind noch ein bisschen aufgeblättert einige der Farbseiten, die in drei Sektionen ins Buch eingearbeitet werden sollen:
Und hier kommen die gemachten Endpapiere (heißt das "gemachte Endpapiere" auf deutsch von "made endpapers" auf englisch?), es handelt sich um selbstgemachtes Kleisterpapier, Tapetenkleister mit Acrylfarbe auf 150 g/m³ Zeichenpapier. Das Papier hat ziemlich genervt, weil nass sehr empfindlich. Dafür hat dann der gold-metallic Zusatz beim Bearbeiten mit Bienenwachs sehr schön angefangen zu schimmern:
Und hier nochmal alle Bestandteile des Buchblocks vor dem Zusammennähen:
Nähen hat einigermaßen funktioniert, auch Kopf- und Fußbänder habe ich halbwegs hinbekommen. Hier sehr leerreich, nicht ein sehr dünnes zusammen mit einem sehr dicken Nähgarn für die Bänder zu verwenden ...
Mit dem Einband beginnen die Scherereien
Der aufregende Schritt war natürlich der Einband. Da der Buchblock fast acht Zentimeter dick geworden ist, wusste ich nicht so recht, wie ich einen hohlen Rücken konstruieren sollte. Habe mich dafür entschieden das Leder - als Autositzleder sollte das doch einigermaßen belastbar sein - am Rücken festzukleben, auch wenn dadurch das Buch nicht vollständig zu öffen sein sollte. Hier fing es dann endlich an etwas hackelig zu werden, denn das Leder war wirklich etwas dick, das wollte ich wenigstens an den Einschlägen und an Voder- und Rückseite etwas dünner machen. Hier mal ein Foto von zwischendurch, einige "Durchbrüche" sind mit Kreisen markiert ...
An diesem Stück Leder und an den vier Ecken bin ich bestimmt fünf Abende gesessen und habe meine Fertigkeit im Abziehen meines "Schärfmessers" geübt. Das ist alles nicht so wirklich zufriedenstellend geworden, aber irgendwann war mir klar, dass ich wahrscheinlich mehr Schaden anrichten würde, wenn ich noch weiter mit dem Messer durch das Leder säbeln würde. Hier ein Bild von Rücken und Ecken mit Leder:
Karl Mays Gesammelte Reiseerzählungen in einem Band
Der Rest ist Easy-Peasy, das Leder begradigen, Einbandpapier zuschneiden und damit bekleben. Dann dazu einen schönen Schuber basteln, der tatsächlich ganz gut geworden ist, finde ich. Im Schuber unter befindet sich eine Unterstützung, damit der Buchblock im Schuber nicht nach unten absackt.
Hier also das fertige Monstrum, bringt ein knappes bisschen mehr als 2,0 kg auf die Waage, also habe ich wenigstens "etwas Großes" erreicht:
Die Fargebung ist - falls noch nicht klar wurde - übrigens in Blau-Orange gehalten:
Und noch mal ein Abschlussbild:
Hmja, der Ledereinband ist tatsächlich ziemlich scheußlich ...
Liebe Grüße
Christian